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"Ein ETF-Investment ist für uns eine Kapitulation"
Interview mit Fabrice Kremer, Dachfondsmanager bei BLI - Banque de Luxembourg Investments

Fabrice Kremer lenkt sehr erfolgreich einen Dachfonds, der wiederum in andere Fonds investiert. Doch die hauseigenen Fonds seines Arbeitgebers schließt der Fondsmanager von Banque de Luxembourg Investments (BLI) dabei aus. Er kauft nur Produkte externer Anbieter. Von Anfang 2020 bis Ende 2022 lieferte er damit eine Performance von 14,5 Prozent bei sehr niedrigen zwischenzeitlichen Kursschwankungen und Verlusten. Damit liegt Kremer auf dem ersten Rang im WirtschaftsWoche-Ranking der besten Vermögensverwalter in der Kategorie "Ausgewogen", für Portfolios mit maximal 60 Prozent Aktienanteil. Er hat 380 andere Vermögensverwalter geschlagen. Auch hauseigene Fonds der Banque de Luxembourg schneiden in dem Ranking seit Jahren sehr gut ab. Der Grund dafür, dass Kremer die prämierten Fonds der Kollegen nicht kauft: Er soll dadurch Interessenskonflikten vorbeugen. Der Pionier der deutschen Dachfondsszene, der Kölner Vermögensverwalter Eckhard Sauren, ist mit einer personenbezogenen Investmentphilosophie seit mehr als 30 Jahren am Markt. "Wir investieren nicht in Fonds - wir investieren in Fondsmanager" ist sein Motto. In seinen Dachfonds will er Fonds von solchen Managern haben, die einen Mehrwert gegenüber Indizes und ETFs schaffen.

Mit dem Dachfonds Sauren Nachhaltig Balanced landet Sauren (der übrigens auch Vizepräsident des 1. FC Köln ist) im WirtschaftsWoche-Ranking auf Rang sechs unter 381 Portfolios. Der Sauren Global Defensiv erreicht den Siegerplatz in der Kategorie "Defensiv" mit 326 getesteten vermögensverwaltenden Fonds, passend zu seinem 20. Geburtstag. Die vergangenen drei Jahre hat er sich bewährt. Auf Zehnjahressicht lief es hingegen mit nur einem Prozent pro Jahr nach Kosten nicht gerade berauschend, reichte aber, um damalige Minuszinsen auf Tages- und Festgeldern zu toppen. Es sieht jetzt aber ein wenig danach aus, als sei für Dachfonds eine neue Blütezeit angebrochen. Experten erwarten, dass die Renditen an den Kapitalmärkten in Zukunft niedriger ausfallen werden als in den vergangenen zehn Jahren. Die Suche nach versteckten Renditeperlen könnte sich also auszahlen - und das ist ein Bereich, in dem gute Dachfondsmanager überzeugen können. Warum sie noch aktive Fonds kaufen, obwohl im Schnitt zwei Drittel der aktiven Manager schlechter abschneiden als der breite Markt, mithin auch schlechter als ETFs? Kremer und Sauren sind überzeugt, das Drittel der besseren Manager zu finden. "Ein ETF-Investment ist für uns eine Kapitulation", sagt Kremer. "Es wäre ein Eingeständnis, dass wir nicht in der Lage sind, das zu tun, wofür wir bezahlt werden." Tatsächlich setzte der Crash bei Anleihen und bei Aktien im Jahr 2022 Dachfonds nicht so hart zu wie vielen anderen Fonds. Dachfondsmanager investieren nicht direkt in Aktien oder Anleihen, sondern nutzen dafür wiederum andere Fonds. Dabei wählen sie vielfach spezielle Strategien. Kursrisiken werden so abgefedert. Und Fonds, die weniger stark fallen, benötigen auch weniger Zeit, um wieder ins Plus zu kommen. Der Dachfonds BL-Fund Selection 0-50 rettete sich so mit einem nur sehr geringen über das vergangene Krisenjahr. Der Sauren Nachhaltig Ausgewogen verlor neun Prozent, hielt aber das Dreijahresergebnis mit insgesamt 6,7 Prozent Plus trotzdem in einem ordentlichen Bereich.

Dachfondsboom und Madoff-Drama Als es an den Börsen besonders gut lief, waren Dachfonds aus der Mode gekommen. Ihre große Zeit hatten sie, kurz bevor die Abgeltungsteuer 2009 eingeführt wurde. Damals priesen Bankberater die Produkte als Wunderwaffe gegen die Abgeltungsteuer an. Das bescherte Dachfonds einen Verkaufsboom. Nach der Finanzkrise 2009 kam es dann zum großen Dachfondssterben. Schlechte Performance, hohe Kosten und der Madoff-Skandal setzten vielen Dachfonds zu. So hatte etwa der damalige Fondsmanager Bernd Geisinger, heute in der Schweiz für sein Museum zur Tolkien-Welt Mittelerde bekannt, massiv in Fonds des inzwischen verstorbenen US-Finanzbetrügers Bernard Madoff investiert. Erst gab es hohe Verluste, dann wurden die Fonds geschlossen und abgewickelt. Andere Dachfonds erlitten Schiffbruch, weil sie zu viel Geld in illiquide gewordene Immobilienfonds investiert hatten. Darüber ruinierten hohe Kosten bei vielen sehr kleinen Dachfonds die Wertentwicklung. Denn: Sowohl beim Dachfonds selbst als auch auf Ebene der Fonds, in die er investiert, fallen Managementgebühren an. Ein Dachfondsmanager muss daher sehr gut sein, um überdurchschnittliche Erträge einzufahren. Erfahrene Dachfondsmanager wählen zudem bei ihren Zielfonds Tranchen mit hohen Einstiegssummen und niedrigen Kosten, die sich an Profiinvestoren richten. Sie kosten häufig nur halb so viel wie die Tranchen für Privatanleger. Der Fonds von Fabrice Kremer kostet Anleger jährlich 1,8 Prozent, bei Sauren-Fonds sind es um die zwei Prozent. Zumindest seien die Kosten transparent, sagt Sauren. Das sei bei vielen Vermögensverwaltungen ohne Fondsmantel nicht der Fall.

Wer Fehler macht, fliegt raus Kremers Anleger sind vor allem vermögende Kunden der exklusiven Banque de Luxembourg, die ihr Vermögen erhalten möchten. Der gebürtige Franzose kann trotzdem nicht komplett defensiv anlegen. Er muss Performance erzielen, damit die Klientel auch nach Abzug der Inflation Rendite bekommt. Deshalb investiert er in einer Spanne von 0 bis 50 Prozent in Aktienstrategien. "Wenn wir unsicher sind, wohin die Märkte tendieren, dann nutzen wir auch Sicherungsinstrumente und bleiben unter 20 Prozent Aktienanteil", sagt Kremer. 2021 hatte die Banque de Luxembourg 45 Prozent Aktienstrategien im Dachfondsdepot, 2022 waren es durch die Absicherungen von März bis Dezember weniger als fünf Prozent. Ist die Herde der Anleger pessimistisch, neigt Kremer dazu, risikobereiter anzulegen. Bei hohen Bewertungen am Aktienmarkt wird er vorsichtiger. "Und das funktioniert meistens", sagt er. Bei BLI kümmern sich sechs Mitarbeiter allein um die Auswahl und Kontrolle der Zielfonds und sprechen regelmäßig mit deren Managern. "Wer seine Strategie ändert, Fehler anhäuft oder Verluste nicht erklären kann, den werfen wir aus dem Depot", sagt Kremer. Die Fonds aus Kremers Portfolio werden Privatanlegern oft in Banken nicht direkt verkauft, weil sie kompliziert und erklärungsbedürftig sind. Als Basisanlage für das Depot eines Privatanlegers seien sie häufig nicht geeignet, sagt Kremer. In Zeiten, in denen an der Börse alles rosarot ist, sind viele der Fonds auch eher unauffällig. "Für mich ist es aber wichtig, dass sie dann funktionieren, wenn ich sie brauche - und das war 2022 der Fall", sagt Kremer. Manche Fonds wie den Assenagon Alpha Volatility nutzt er schon seit Jahren, um das Depot in Crashphasen zu stabilisieren. Der Fondskurs steigt, wenn die Kursschwankungen am Markt besonders hoch sind. Das war etwa am Anfang der Coronapandemie und zu Beginn des Ukrainekriegs der Fall. Bei Aktienfonds tendiert Kremer aktuell zu Managern, die Value-Aktien bevorzugen. Das sind Aktien von Unternehmen mit stabilem Geschäftsmodell, solider Bilanz und geringer Verschuldung, die als noch relativ günstig gelten. Kremer erwartet, dass Value-Titel in den kommenden Jahren überzeugen werden. Zu den interessanten Regionen für Value-Investoren zählt er derzeit etwa den brasilianischen Aktienmarkt, den er über Investitionen in den Aktienfonds DWS Latin American Equities abdeckt. Auch bei Fonds mit chinesischen Aktien hat er zugegriffen.

Gefragte Hedgefondsstrategien Kremer ist in vielen Nischen des Kapitalmarkts aktiv, die nicht direkt von der Entwicklung der Wirtschaft abhängen - etwa im Markt für Katastrophenanleihen (Cat-Bonds). 2022 fielen alle Anleihen, aber der Cat-Bond-Markt war stabil und im Plus. Das Erdbeben in der Türkei war zwar ein Schock, aber löste keine Zahlungen aus - die betroffenen Regionen waren kaum versichert. Bei einem weiteren Zielfonds von Kremer mit dem komplizierten Namen Lumyna BofA MLCX Commodity Alpha werden 20 Rohstoffe und ihre Preise zu verschiedenen Terminen gehandelt. Die Manager setzen gleichzeitig auf steigende und fallenden Preise bei einem Rohstoff, aber zu verschiedenen Terminen. Da sich Rohstoffe wie Weizen, Kupfer und Gas relativ unterschiedlich entwickeln, ist das Feld interessant für Kremer. Der BofA-Fonds ist Kremers größte Position im Portfolio. Kremer hat viel Geld in hedgefondsähnliche Strategien investiert, die in jeder Börsenphase Rendite bringen sollen. Der Franklin K2 Electron Global etwa setzt auf steigende Kurse ("long") bei Aktien wie General Electric und Nextera Energy sowie auf den Hongkonger Aktienindex HSCEI. Fallende Kurse ("short") erwartet Fondsmanager James Shaver beim US-Aktienindex S& P 500, bei Industrieaktien, Immobiliengesellschaften und dem US-Technologieindex Nasdaq 100. Gehen die Wetten auf, bringt das den Fonds ins Plus.

Keine Tür bleibt versperrt Auch der Dachfondsanbieter Sauren setzt gern auf Manager, die Hedgefondsstrategien nutzen, die im Fachjargon als "Absolute-Return-Fonds" bezeichnet werden. Die Kölner wählen für ihre Dachfonds gezielt Einzelfonds aus, deren Manager sich in ihren Fähigkeiten und Anlagestrategien ergänzen sollen, damit die Fonds breit gestreut anlegen. Die Fonds der gewählten Manager zeichnen sich dadurch aus, dass sie oft eher klein sind, die Manager schon lange Erfolge nachgewiesen haben und Privatanleger häufig gar nicht direkt investieren können. Einige der Fonds sind sogar für Neuanleger geschlossen. Sauren findet häufig Manager im Ausland, die hierzulande keinen breiten Vertrieb haben und deren Produkte teils wenig bekannt sind. Aktienstrategien mit stärkerer Wertorientierung ("Value") waren nach Angaben von Eckhard Sauren schon immer ein wichtiger Teil des Gesamtportfolios. Deshalb setzt er seit vielen Jahren auf Oliver Kelton, der seit acht Jahren in der Investmentboutique von Crispin Odey in London arbeitet. Mit dem CIM Dividend Income Fund eines kleinen Londoner Hauses, haben die Kölner einen Aktienfonds im Depot, der über fünf Jahre mit asiatischen Dividendenaktien besser performte als der in Deutschland bekannte DWS Top Dividende. Seit Oktober 2022 haben die Kölner den zuvor niedrigen Anteil an Rentenfonds in manchen ihrer Fonds nahezu verdoppelt. "Die hohen Renditen im Anleihebereich machen einige Rentenfonds wieder attraktiv", sagt Eckhard Sauren. Dabei setzen sie etwa auf den Londoner Spezialisten Bluebay mit dem BlueBay Investment Grade Bond Fonds oder auch mit dem auf einen absoluten Ertrag ausgerichteten Bluebay Global Sovereign Opportunities, der 2022 eine zweistellige Wertentwicklung erzielte. Mit dem KL Event Driven-Fonds von Jamie Sherman konnten die Dachfonds von Preisdifferenzen bei Unternehmensübernahmen profitieren. Dass höhere Zinsen den mit solchen Spezialstrategien bestückten Dachfonds Konkurrenz machen, erwarten Sauren und Kremer nicht. Vier Prozent Zins seien vielleicht verlockend, sagt Kremer. Wichtiger aber sei, sein Vermögen über viele unterschiedliche Renditequellen zu streuen.

WirtschaftsWoche-Ranking: Die besten Geldmanager
Autorin: Heike Schwerdtfeger