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FINANZMARKTANALYSE
FINANZMARKTANALYSE - Guy Wagner - 6 Juli 2021
Banque de Luxembourg Investments
„In den USA wie auch in Europa bestehen fast keine Unterschiede mehr zwischen den Geschäftsklimaindizes der Industrie und der Dienstleistungsbranche – sie stehen fast alle auf Rekordniveau“, sagt Guy Wagner, Chefanlagestratege und Geschäftsführer der Kapitalanlagegesellschaft BLI - Banque de Luxembourg Investments. „Der Wirtschaftsboom dürfte noch bis in die Sommermonate hinein anhalten, da eine Verschlechterung der Pandemiesituation bei den derzeitigen Wetterbedingungen unwahrscheinlich erscheint. Im Herbst dürfte die wirtschaftliche Unsicherheit wieder zunehmen, wenn bei mehr Kontakten in geschlossenen Räumen die Wirksamkeit der Impfstoffe gegen neue Varianten des Coronavirus auf dem Prüfstand steht.“
Das in den chinesischen Wirtschaftsstatistiken zu Beginn des zweiten Quartals angedeutete langsamere Wachstum hat sich bestätigt – sowohl für den Konsum der privaten Haushalte als auch für die Industrieproduktion. „Eine relativierte Betrachtung dieser Entwicklung ist dennoch angebracht, da das geschätzte BIP-Wachstum für das Gesamtjahr 2021 noch immer rund acht Prozent beträgt.“ Japan erfreut sich einer extrem dynamischen Exportwirtschaft, die davon profitiert, dass die Erzeugnisse der verarbeitenden Industrie auf der ganzen Welt besonders stark nachgefragt werden.
Die Aktienmärkte beendeten das erste Halbjahr erneut positiv. Der MSCI All Country World Index Net Total Return in Euro musste in den ersten sechs Monaten des Jahres keinerlei Rückschlag hinnehmen und verzeichnete seit Anfang Januar eine Wertsteigerung um 15,9 Prozent. In den USA beförderte die gute Börsenstimmung den S&P 500 und den Nasdaq auf neue historische Höchstwerte. „Auf Sektorenebene war eine leichte Rotation zu beobachten, zu Lasten von Finanzwerten und zyklischen Werten, die seit Jahresbeginn stark gestiegen sind, und zugunsten von Technologie sowie Gesundheitswesen, die in den Vormonaten etwas zurückgeblieben waren“, so der luxemburgische Ökonom.
Auch wenn der Offenmarktausschuss der US-Notenbank Federal Reserve bei seiner Sitzung im Juni keine Veränderungen vornahm, so deutete der Fed-Präsident Jerome Powell jedoch zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie an, er wolle eine Verringerung der extremen geldpolitischen Stützungsmaßnahmen vorbereiten. Gemäß den Äußerungen des Fed-Präsidenten werden die Gespräche zur Verringerung der Wertpapierankäufe durch die Zentralbank demnächst beginnen. Guy Wagner: „Zwar ist es noch viel zu früh für eine Ausschussdebatte zu künftigen Zinsanhebungen, aber die Mehrheit der Mitglieder geht inzwischen davon aus, dass es bereits 2023 zwei Zinsschritte um 25 Basispunkte geben könnte.“ Bisher war man von 2024 ausgegangen – die Erwartungen für eine erste Straffung der Geldpolitik haben sich also um ein Jahr nach vorne verlagert. In Europa gab der Rat der EZB keine Hinweise auf eine mögliche Änderung der aktuellen expansiven Geldpolitik.
Trotz der schlechteren Inflationsstatistiken sind die Endfälligkeitsrenditen der US-Staatsanleihen erstaunlich stabil geblieben. Die Endfälligkeitsrendite zehnjähriger US Treasury Bonds ging im Monatsverlauf sogar leicht zurück. Auch in der Eurozone sanken die langfristigen Zinsen in Deutschland Frankreich, Italien und Spanien leicht.