Interview mit Jean-Luc Ménard, Fondsmanager bei Crédit Mutuel Asset Management
Ihr Fonds hat gerade das französische Nachhaltigkeitslabel ISR erhalten. Was ist das Besondere an diesem Fonds?
Der CM-AM Small & MidCap Euro hat zum Ziel, die Entwicklung von hochwertigen Wachstumsunternehmen langfristig zu begleiten – von Unternehmen also, die Wert und damit Performance für die Anteilseignerinnen und -eigner schaffen.
Das Anlageuniversum besteht aus kleinen und mittelgroßen Aktien aus der Eurozone, d. h. aus Unternehmen, die zum Zeitpunkt des Kaufs eine Börsenkapitalisierung von 200 Mio. bis 10 Mrd. Euro haben. Ein Titel kann im Portfolio bleiben, auch wenn seine Börsen-kapitalisierung auf über 10 Mrd. Euro steigt, wenn wir für die kommenden Jahre weiteres Kurspotenzial sehen.
Unser Referenzindex ist der Eurostoxx® Small Net Return. Über fünf und zehn Jahre liegt seine Wert¬entwicklung1 im ersten Quartil seiner Kategorie.
Wie sieht der Anlageprozess Ihres Fonds aus? Wie werden außerfinanzielle Faktoren berücksichtigt?
Der CM-AM Small & MidCap Euro hat vor kurzem das französische ISR-Label für nachhaltige Anlagen erhalten. Unser Anlageansatz beim Portfolioaufbau lässt sich als selektiv beschreiben: Das Analyseteam für Responsible and Sustainable Finance (RSF) von Crédit Mutuel Asset Management liefert uns Unternehmensbewertungen. Von der Aufnahme in den Fonds werden die untersten 20 % dieser Bewertungsliste ausgeschlossen. Daneben beobachten wir zwei Performance-Indikatoren (Key Performance Indicators, KPI) – einer davon ist die Karbonintensität – und zwei Entwicklungs-Indikatoren. Die KPI des Fonds müssen aussagekräftiger sein als die des Vergleichsuniversums.
Der Fonds wird mit Überzeugungen gemanagt, so wie dies generell im Managementteam seit zehn Jahren umgesetzt wird: Wir investieren in Unternehmen, die mittelfristig attraktive Wachstumsperspektiven bieten. Die Ideenfindung erfolgt im Wesentlichen über ein internes Scoring, d. h. eine Klassifizierung der Unternehmen eines Universums nach Finanzkriterien, das monatlich aktualisiert wird und die attraktivsten Unternehmen zeigt. Wir bewerten das Geschäftsmodell und die Branchenstrategie der jeweiligen Unternehmen, um Wachstums-treiber zu identifizieren. Anschließend modellieren wir ihr mittelfristiges Wachstumspotenzial mit Hilfe eines internen Bewertungsmodells, das Unternehmenswert und betriebliches Ergebnis ins Verhältnis zueinander setzt. In diesen Bewertungsschritt fließt auch das Rating unseres RSF-Teams ein. Dabei wenden wir ein Bonus-/Malus-System an, das auf die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC - Weighted Average Cost of Capital) angesetzt wird.
Ändert sich das Unternehmensmodell oder liefert das Unternehmen über die Zeit nicht die von uns erwarteten Ergebnisse, zögern wir nicht, die Position zu reduzieren oder ganz aus dem Portfolio zu nehmen, um eine ungünstige Wertentwicklung zu vermeiden. Bei einer Entscheidung hilft uns das interne Scoring, in dem das Unternehmen ggf. zurückgestuft wird.
Was macht kleine und mittlere Unternehmen attraktiv?
Ihr Entwicklungspotenzial. Wenn diese Unternehmen einen positiven Wachstumskreislauf in Gang setzen, können sie mittelfristig großen Wert für die Aktionärinnen und Aktionäre schaffen. Kleine und mittlere Unternehmen weisen hohe Wachstumszahlen auf und schaffen es dank der Flexibilität und Reaktionsstärke ihrer Führungskräfte häufig, ihre Entwicklung zu dynamisieren: durch Übernahmen anderer Unternehmen oder die Erschließung neuer Absatzmärkte.
Daher hat der Fonds die Möglichkeit, auch höher kapitalisierte Positionen zu halten, wenn diese stark wachsen und eine erfolgreiche Managementstrategie verfolgen.
Ein solcher Titel ist beispielsweise Sartorius Stedim, den wir bereits seit einigen Jahren halten und der zu den größten Positionen im Portfolio zählt.
Setzen Sie derzeit eher auf kleine oder auf mittelgroße Unternehmen?
Der Median der Börsenkapitalisierung unserer Anlagen liegt derzeit bei etwa 4,5 Mrd. Euro. Strukturell bevorzugen wir mittelgroße Unternehmen wegen ihrer höheren Liquidität und des größeren Gewichts, das nichtfinanzielle Aspekte tendenziell bei ihnen haben.
Bevorzugt der Fonds bestimmte Branchen oder Regionen?
Etwa 80 % des Fondsvermögens sind in vier Ländern investiert: Frankreich, Italien, den Niederlanden und Deutschland.
Die Branchengewichtung ergibt sich aus unserem Wertpapierauswahlprozess und aus den großen Anlagethemen Innovation (Digitalisierung und Automatisierung der Wirtschaft), Lebensqualität (insbesondere Sport und gesunde, natürliche Ernährung), nachhaltige Wirtschaft (Energiewende, Kreislaufwirtschaft) und längere Lebenserwartung (Gesundheit und medizinischer Fortschritt durch Forschung, Prävention und Screening).
Hätten Sie Beispiele für Unternehmen im Portfolio, die von der Energiewende profitieren dürften?
Bei der Entwicklung hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft wäre die niederländische Gruppe Alfen zu nennen, die in der Energiewende eine wichtige Rolle spielt. Das Unternehmen konzipiert, entwickelt und produziert intelligente Netze, Energiespeicher und Ladestationen für elektrische Fahrzeuge.
Der Vorteil von Alfen ist, dass das Unternehmen diese Aktivitäten zu integrierten Lösungen kombiniert, um den Bedürfnissen seiner Kunden zu begegnen. Die Wachstumsaussichten des Unternehmens für die kommenden Jahre sind sehr gut, nicht zuletzt aufgrund der Pläne der Europäischen Union.
Zu erwähnen ist auch das italienische Unternehmen ERG, das einen Schwerpunkt in der Stromerzeugung aus Wind- und Solarenergie hat. In Italien ist ERG Marktführer, europaweit gehört es zu den größten der Branche.
Gab es in den vergangenen Monaten Veränderungen im Portfolio?
Dieses Jahr steht im Zeichen der Zinserhöhungen der Notenbanken, insbesondere der Federal Reserve, die mit der strafferen Geldpolitik die Inflation bekämpfen will. Genauso stark wird das Jahr geprägt vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den damit verursachten Preisschocks bei Rohstoffen sowie von den verschiedenen Lockdowns in China.
Vor diesem Hintergrund haben wir Positionen aufgestockt, die von der Energiewende profitieren, wie z. B. die eben erwähnte ERG, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Europäische Union den Ausbau erneuerbarer Energien infolge des Kriegs in der Ukraine weiter vorantreiben dürfte.
Nachgekauft haben wir auch solide und gut geführte Finanzwerte wie die spanische Bank Bankinter, deren Geschäftsergebnisse von den Zinserhöhungen profitieren dürften. Dagegen haben wir die Gewichtung von stärker konjunkturabhängigen Industriewerten verringert: Sie dürften sowohl die Konjunkturabschwächung wie auch die steigenden Rohstoffpreise zu spüren bekommen.